Die Erfindung des Jazz im Donbass

Aus der Dankesrede Serhij Zhadans zur Verleihung des Brücke Berlin Literatur- und Übersetzerpreises vom 1. Oktober 2014 (abgedruckt in der Zeitschrift „Uebersetzen“ 01/15): „Vor einigen Jahren, genauer: im Jahr 2010, habe ich hier, in Berlin, ein Buch über meine Heimat geschrieben, über Orte, wo ich geboren wurde und aufgewachsen bin, über den Osten der Ukraine. Das Buch heißt „Woroschilowgrad“, in deutscher Übersetzung „Die Erfindung des Jazz im Donbass“. Tatsächlich handelt dieses Buch nicht von Woroschilowgrad (heute heißt diese Stadt Luhansk) und schon gar nicht vom Jazz. Es gibt keinen Jazz im Donbass. Hat es auch nie gegeben. Alles andere aber gab und gibt es. Es gibt alles, wovon ich in diesem Buch erzähle – das Gefühl von Pflicht und Verwurzelung, von Verlorenheit und Ungerechtigkeit, es gibt Liebe, Zärtlichkeit, Grausamkeit und schwarzen permanenten unauslöschlichen Schmerz. Es gibt Verzweiflung und es gibt Glauben, zumindest Reste davon. Ich wollte all diese Liebe und all diese Verzweiflung zeigen, ich wollte von Verantwortung und Mut reden, weil das Gefühle sind, mit denen ich aufgewachsen bin und die ich wieder gesehen habe, wann immer ich zurückkehrte. …… Ich war der Meinung, dass über diese Städte zu wenig geredet wird, dass man sie zu selten erwähnt, mir schien, dass man dieses Land, dieses Territorium zu leicht aufgibt, dass man versucht, es nicht wahrzunehmen, nicht unnötig darüber zu sprechen. …… Der Krieg zerstört dieses Land, tötet diese Menschen, entfremdet sie, macht sie zu Feinden. Hätte man diesen Krieg vermeiden können? Ich denke, ja. Genau darüber habe ich versucht, in diesem Buch zu schreiben – über Solidarität, die uns hilft, dem Bösen standzuhalten, über Zärtlichkeit, die Gleichgültigkeit verhindert, über Erinnerung, die es uns nicht erlaubt, den Rest unserer Menschlichkeit zu verlieren, und über Hoffnung, die uns zwingt, in die Orte zurückzukehren, wo wir geboren wurden und aufgewachsen sind, wo alles auf die eine oder andere Weise von uns abhängt, wo ohne uns Leere und Verzweiflung entstehen.“ - Hermann, ein junger Werbeunternehmer aus Charkiw, erhält einen mysteriösen Anruf: Sein Bruder, der in einer Einöde im Donbass eine Tankstelle mit Reparaturbetrieb betreibt, ist spurlos verschwunden. Hermann begibt sich auf die Reise dorthin und gerät in diverse mehr oder weniger surreale Abenteuer. – Ein ambitioniertes Vorhaben, leider nur ansatzweise gelungen, denn für einen Roman von knapp 400 Seiten reicht Zhadans Erzählkunst nicht aus.

Handlungsorte

»Der beste Film ist immer noch der,
der im Kopf des Lesers abläuft.«

Carlos Ruiz Zafón

Buchdetails

Handlungsorte
Ukraine (allg.), Donbass (allg.), Charkiw, Mariupol, Donezk
Buchdaten
Titel: Die Erfindung des Jazz im Donbass
Kategorie: Roman / Erzählung von 2010
LeserIn: Faun
Eingabe: 14.06.2022


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