Alles andere als ein Held

Rudolf Lorenzen (1922-2013) wurde in Lübeck geboren und wuchs in Bremen auf. Er brach das Gymnasium ab und machte eine Ausbildung zum Schiffsmakler. Während des Zweiten Weltkriegs war er beim Arbeitsdienst und Funker bei der Wehrmacht an der Ostfront, wo er nach dem Krieg in ein russisches Arbeitslager kam. Nach der Rückkehr nach Deutschland arbeitete er in der Werbebranche und (seit 1955 in Berlin) als Journalist sowie als Autor. Mit einem seiner ersten Prosatexte, der Erzählung „Der junge Mohwinkel“, gewann er 1957 ein literarisches Preisausschreiben der Süddeutschen Zeitung. In der Folgezeit entstand auf der Grundlage dieser Geschichte der Roman „Alles andere als ein Held“, der „Versuch“ einer Autobiographie auf fast 700 Seiten, der 1959 erschien, also im selben Jahr wie Günter Grass‘ „Blechtrommel“ und Heinrich Bölls „Billard um halbzehn“. Autobiographisch ist der Roman aber nur bis kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs, danach ist die H andlung rein fiktiv. Die Fortsetzung der Autobiographie (ab 1946) findet man hingegen in Lorenzens zweitem Roman, „Die Beutelschneider“ (1962). „Ich bin nicht sicher, ob „Alles andere als ein Held“ nicht der beste Roman irgendeines heute lebenden deutsch schreibenden Autors ist“ urteilte Sebastian Haffner 1965. Der Roman hatte einen gewissen Erfolg, erhielt gute Kritiken und wurde in mehrere Sprachen übersetzt, dann aber nicht mehr neu aufgelegt, bis 2002 der Berliner Verbrecher Verlag eine Neuausgabe herausbrachte. „Das lag nicht zuletzt daran, dass man in Deutschland so kurz nach dem Krieg von der allseitigen Anpasserei, den Verbrechen der Wehrmacht und den Betrügereien, auf denen sich das „Wirtschaftswunder“ begründete, nichts hören wollte.“ (Lothar Müller im Nachwort zur neuesten Ausgabe aus 2007 im Rahmen der Werkausgabe) Eine Einladung der Gruppe 47 abzulehnen, war sicherlich auch nicht hilfreich. Als der Roman 2002 nochmals erschien, wurde er begeiste rt aufgenommen und kam sofort auf die SWR-Bestenliste. – Robert Mohwinkel, der Anti-Held des Romans, versucht stets, sich vollkommen an die bestehende Ordnung anzupassen und möglichst unauffällig zu bleiben: Bei seinen Eltern, in der Schule, in der Hitler-Jugend, bei der Ausbildung zum Schiffsmakler, in der Armee und schließlich auch als Angestellter im Beruf. Er träumt allerdings davon, damit eine gewisse Anerkennung und einen Aufstieg in der Gesellschaft zu erreichen, ja er wäre sogar gerne ein Führer geworden, ein Gedanke, der ihm allerdings im späteren Leben Übelkeit bereitet. Und schließlich kommt er auch zu der Erkenntnis, dass er stets unterdrückt und gedemütigt wurde und dass ein Entkommen aus der Schicht, in die er hineingeboren wurde, nicht möglich ist. Diese Einsicht führt wohl auch am Ende des Romans dazu, dass sein Leben doch noch eine überraschende Wendung nimmt. - Über sein Werk sagte Rudolf Lorenzen: „Die Menschen machen sich alle was vor – das i st mein Thema.“

Handlungsorte

»Die längsten Reisen fangen an,
wenn es auf den Straßen dunkel wird.«

Jörg Fauser

Buchdetails

Handlungsorte
Bremen, Nordsee (allg.), Glasgow, Loch Lomond (UK), Stornoway, Lüneburg, Hasbruch (Wald), Wernigerode, Hamburg, Bad Fallingbostel, Weimar, Gmina Osięciny, Kutno, Żychlin, Ostrowy (Nowe Ostrowy), Kiew, Schepetiwka, Lubny, Dnipro, Krasnohrad, Charkiw, Walky, Rostow am Don, Lwiw (Lemberg), Kursk, Schwarzwald (allg.), Smolensk, Homel, Minsk, Babrujsk, Qaraghandy, Nur-Sultan, Görlitz, Dresden, Bordeaux, Arcachon, Andernos-les-Bains, Valence, Saint-Péray, Marseille, La Ciotat, Lübeck, Travemünde
Buchdaten
Titel: Alles andere als ein Held
Kategorie: Roman / Erzählung von 1959
LeserIn: Faun
Eingabe: 02.09.2022


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